CDU Kreisverband Meppen

STREET VIEW

Regierung sucht ihre Linie im Google-Streit

Bisher gilt: Wer sein Haus nicht bei Google Street View sehen will, muss Widerspruch einlegen. CDU- und FDP-Politiker fordern jetzt das Gegenteil: Google soll erst die Erlaubnis einholen. Das Kabinett steigt nun in die Debatte ein.
In der Debatte um den umstrittenen Bilderdienst Google Street View mahnt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine rasche Reform des Bundesdatenschutzgesetzes an. «Das Thema darf nicht auf die lange Bank geschoben werden», sagte die FDP-Politikerin der Süddeutschen Zeitung. Es sei Sache von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) einen Gesetzesvorschlag zu formulieren: «Das geltende Datenschutzrecht muss endlich der digitalen Welt angepasst werden.»

In der Debatte um den Dienst haben Politiker von Union und FDP jetzt eine Umkehr der bisherigen Einspruchsmöglichkeit ins Spiel gebracht. Google soll danach in bestimmten Fällen die Bürger um Einverständnis bei der Veröffentlichung von Wohnungen und Häusern fragen. Mit Googe Street View befasst sich heute auch das Kabinett in Berlin. Der Bundesrat fordert eine gesetzliche Pflicht, dass Menschen und Autokennzeichen unkenntlich gemacht werden.

Die zuständigen Bundesminister lehnen aber ein spezielles Gesetz zu dem Dienst ab. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sind gegen eine «Lex Google». De Maizière hält die Bedenken gegen Street View für übertrieben, zeigt sich aber offen für eine allgemeine Gesetzesregelung für sogenannte Geo-Datendienste. Erste Vorschläge will er bereits am 20. September bei einem Spitzengespräch mit Daten- und Verbraucherschützern sowie Google und Anbietern von Geodaten-Diensten vorlegen.

«Die Bundesregierung hat die Entwicklung verpennt»

Anderen Koalitionspolitikern reicht das jedoch nicht aus. Die FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz sagte der Bild-Zeitung: «Ich bin dafür, dass jedenfalls dort, wo von Google sensibles Datenmaterial erhoben wird, über eine Einwilligungslösung nachgedacht werden sollte.» CSU-Sicherheitsexperte Stephan Mayer forderte Google in der Bild auf, insbesondere bei älteren Menschen um eine Einwilligung bei der Veröffentlichung zu fragen und nicht allein das Widerspruchsrecht gelten zu lassen.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast wirft der Bundesregierung in der Debatte Untätigkeit vor. De Maizière als für den Datenschutz zuständiger Minister hätte längst reagieren müssen, sagte Künast dem Hamburger Abendblatt. «Die Bundesregierung hat die Entwicklung im Internet verpennt.» Es sei seit langer Zeit klar gewesen, dass Google Street View komme. Künast forderte die Bundesregierung auf, das Datenschutzgesetz zügig anzupassen. Die Politik müsse dafür Sorge tragen, dass Dienste wie Google Street View grundsätzlich ausreichend Widerspruchs- und Widerrufsmöglichkeiten bieten.

Von «verschlafen» könne keine Rede sein, wehrte sich Verbraucherministerin Ilse Aigner in der Passauer Neuen Presse. Sie habe das Thema auf die Tagesordnung gesetzt und zahlreiche Gespräche mit Google und den Datenschützern geführt, weil viele Bürger ihre Privatsphäre verletzt sehen. «Im Ergebnis haben wir schärfere Widerspruchsregelungen durchgesetzt als jedes andere Land, in dem es Street View gibt», betonte die Ministerin. Jeder könne Widerspruch bei Google einlegen gegen die Abbildung eines Hauses, egal ob Mieter oder Eigentümer. Auch noch nach der Freischaltung.

Medienwissenschaftler: Google-Gesetz ist «Unsinn»


Der Professor für Medienrecht an der Universität Münster, Thomas Hoeren, hält eine gesonderte gesetzliche Regelung zu Google Street View für Unsinn. «Wir brauchen kein Google-Gesetz», sagte der Medienrechtler. «Wir haben eines der härtesten Datenschutzgesetze der Welt, wir müssen es nur konsequent anwenden.» Bezüglich des Widerspruchverfahrens gegen «Street View» zeigte sich Hoeren skeptisch, ob sich an der Google-Praktik etwas ändern ließe.

An sich sei die Vorgehensweise des Internetdienstleisters legal. «Grundsätzlich gibt es die Panoramafreiheit. Das was ich von öffentlichen Plätzen aus sehen kann, darf ich auch abbilden und zeigen», erläutert der Medienrechtler. Anders sehe es aus, wenn Google auf seinen Kamerafahrten Personen oder Fahrzeuge abgelichtet habe. Noch nicht einmal die Veröffentlichung, sondern bereits die Erstellung solcher Aufnahmen sei «ein klarer Persönlichkeitsverlust». Daher rate er in diesen Fällen auf jeden Fall zum Widerspruch. »Bei den Häusern muss sich jeder Bürger selbst überlegen, ob er ein solches System unterstützt oder nicht«, betonte Hoeren.

Dennoch gab er zu bedenken, dass selbst mit den Fassadenbildern und wenigen zusätzlichen Informationen Eingriffe und Informationssammlungen großen Ausmaßes möglich würden. «Beispielsweise kann sich ein Gebäudeversicherer oder ein Kreditgeber vor einem Vertragsabschluss genau angucken, wo und wie ein Kunde wohnt und wie das Umfeld aussieht», betonte er. »Es geht über Umwege um die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes«, sagte Hoeren.

Google möchte seinen Dienst «Street View» Ende des Jahres für die 20 größten deutschen Städte starten. Dann sollen flächendeckende Fotoansichten aller Straßen im Netz für jedermann zur Verfügung stehen. Gegen die Veröffentlichung der Bilder des eigenen Grundstückes kann seit Dienstag online Widerspruch eingelegt werden.