Strahlender VW-Konzern
Volkswagen macht scheinbar alles richtig. Der Konzern setzt sich mit seinem Messeauftritt stilecht in Szene. Die Konkurrenz kann nur schauen und staunen. Doch man kann auch mit Kreativität und Pfiffigkeit Glanzpunkte setzen.
Der renommierte Automobilsalon in Wurfweite des Genfer Flughafens hat gerade erst seine Türen geöffnet, da strahlt das Opel-Messeteam mit den gleißend hellen Deckenscheinwerfern um die Wette. General Motors will 1,9 Milliarden in die Marke Opel stecken. Wer interessiert sich da noch für den schmucken Meriva und die sehenswerte Studie des GT/E Flextreme? Ein Auftakt nach Maß auf der diesmal wohl wichtigsten Automesse des Jahres, für Opel sowieso. Doch GM-Milliarden hin und Steuergelder her - die Schere zwischen einzelnen Herstellern geht immer weiter auseinander. Nirgends sieht man das deutlicher als auf dem Genfer Automobilsalon.
Es geht bergauf
Die Stimmung im Messezentrum Palexpo ist besser als bei den weltweiten Veranstaltungen der vergangenen zwei Jahre. Niemand jubelt, aber es geht spürbar wieder aufwärts nach einem Jahr der Entbehrungen. Zwar wird 2010 weltweit betrachtet für die meisten Hersteller kaum viel besser als das Vorjahr werden; aber die Talsohle sehen die meisten Genf-Aussteller von A wie Alfa Romeo bis Z wie Zagato erreicht. Doch wie bei kaum einer Messe zuvor bildet sich eine Drei-Klassen-Gesellschaft heraus. Die Unterschiede in der Außendarstellung sind gigantisch.
Volkswagen dominiert die erste Liga
In der Klasse eins ist an sich kaum mehr als der Volkswagen-Konzern zu finden. Die Seriensieger aus Wolfsburg machen derzeit scheinbar alles richtig. Markenaufteilung, Produkte, Design, Budget und Technologie sind den meisten Konkurrenten weit voraus; das Selbstbewusstsein sowieso. Das gefällt den Verantwortlichen im Hause Volkswagen, deren Mitarbeiter nicht zuletzt wegen der Konzernheimat im wenig ansehnlichen Niemandsland von Niedersachsen belächelt wurden. Richtung München, Köln, Frankfurt oder Stuttgart stehen die Wolfsburger mit einem breiten Lächeln da. Nicht erst, seitdem der lokale Fußballverein im vergangenen Jahr deutscher Meister wurde, nicht zuletzt mit tatkräftiger Unterstützung von Hauptsponsor VW.
Auch in der Schweizer Metropole haut der Volkswagen-Konzern mächtig auf den Putz und regiert in einer eigenen, ersten Klasse. Wer die Messestände von ehemals ähnlich positionierten Volumenmarken wie VW und Opel vergleicht, dem tränen nicht nur auf dem Messegelände Palexpo die Augen. Während es bei Opel mit ein paar eng gedrängten Ausstellungsfahrzeugen und dem Messe-Evergreen Ampera vergleichsweise zurückhaltend zugeht, strahlt der VW-Stand rund 150 Meter gegenüber so sehr, dass man sich als Besucher fast die Sonnenbrille aufsetzen muss.
Star-Auftritte sorgen für Extra-Glamour
Kein Wunder, dass angesichts eines avisierten Kurz-Auftritts des Teeniestars Justin Timberlake die meisten anderen Stände während der Audi-Pressekonferenz verwaist waren. Hunderte von ebenso schönen wie schmuckvoll ausstaffierten Hostessen verließen panisch den sicheren Arbeitsplatz, um einen Blick auf den US-Sänger zu erhaschen. Leider lächelte dieser nur gewohnt spitzbübisch; verzichtete jedoch auf den erhofften Gesangsauftritt. Nicht zum ersten Mal holten Marken wie VW oder Audi einen Megastar auf eine Autoshow. Pink, Bryan Adams oder Seal sind nur einige, die die Markenlogos noch tiefer in die Wunden der taumelnden Konkurrenz bohren. Das erinnert an alte Daimler-Zeiten.
Mini-Marketingabteilung versucht zu retten, was zu retten ist
Die Gegenwehr der anderen Firmen in der zweiten Liga ist gering, zumeist gar nicht vorhanden. Eine Ausnahme ist noch BMW-Ableger Mini. Die Trendmarke macht auf den Automobilmessen dieser Welt seit Jahren eine kleine, aber feine Figur. So auch in Genf mit dem gewohnt schwarz-weißen Messearrangement rund um den neuen Mini Countryman. Es geht eben auch einfallsreich. Zeitgleich mit der Premiere des neuen Mini-SUV gibt es am Lac Leman eine ungewöhnliche Marketingaktion. Mini holt Hollywood nach Genf.
Trotzdem - das, was der Volkswagen-Konzern in Genf bietet, davon können andere Hersteller nur träumen. Eben eine völlig eigene Liga. Das sieht bei den Marken in der zweiten Reihe wie Seat oder Skoda übrigens kaum anders aus. Auch hier sind die Stände groß genug und luftig gestaltet, damit die Messehighlights stilecht in Szene gesetzt sind. Dagegen sehen selbst die Auftritte von automobilen Schwergewichten wie Toyota / Lexus, Ford oder Peugeot / Citroen kaum besser aus als eine kurzfristig anberaumte Vorort-Veranstaltung, bei der als Höhepunkt der lokale Bezirksvorsteher vorbei schaut.
Messe der Gegensätze
In der dritten Klasse geht es noch schlimmer zu. Denn wenn sich die wirtschaftliche Lage in den nächsten Jahren nicht grundlegend verbessert, dürften einige Autohersteller komplett außen vor bleiben. Auf immer mehr weltweiten Topmessen gibt es Lücken bei der Standvergabe. Selbst etablierte und wichtige Volumenhersteller wie Nissan, Mitsubishi oder Honda ließen in der Vergangenheit große Messen ausfallen: Sparmaßnahmen.